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Ästhetik trifft Sport 

oder Sport trifft Ästhetik

Auf der Website des Deutschen Schwimmverbandes wird das Wasserspringen als Symbiose aus Kraft und Schnelligkeit gepaart mit einem Höchstmaß an Synchronität beschrieben. Aus meiner Sicht fehlt in dieser Beschreibung ein entscheidender Fakt - die Ästhetik.

Ästhetik ist im Allgemeinen die Lehre von der Schönheit, von Gesetzmäßigkeiten und Harmonie in der Natur und Kunst. Und Wasserspringen ist im weitesten Sinne Kunst.

Bewundernswert ist, mit welcher Eleganz und Präzision sich die Sportlerinnen und Sportler beispielweise aus einem rhythmischen Anlauf vom 3-m-Brett in die Luft schrauben. "Schrauben" - ja das trifft es, denn zum Teil drehen sich die Sportler mehr als dreimal um die eigene Körperlängsachse.

Auch wenn es mal weniger spektakulär in der Luft zugeht, kann man sich der Ästhetik der sportlichen Bewegungen im Kunst- und Turmspringen nicht entziehen. Bei “leichten“ Kopfsprüngen kann der Zuschauer die Anmut und Schönheit der Bewegung besser nachvollziehen. Insider erinnern sich sicher an die Ausführung der Sprünge von Greg Louganis, die von sportlicher Eleganz geprägt war.

Schweißtechnik

Auch Springerinnen wie Ingrid Gulbin Krämer (Deutschland) und Gou Jingjing (China) haben das Wasserspringen mit ihrer besonderen Ausstrahlung bereichert. Während Ingrid Gulbin Krämer fraulich und souverän auftrat, wirkte Guo Jingjing auf der einen Seite zart wie chinesisches Porzellan, aber nicht zerbrechlich, und auf der anderen Seite athletisch und sicher. Guo Jingjing gilt noch heute als eleganteste chinesische Springerin.
 

Auch Springerinnen wie Ingrid Gulbin Krämer (Deutschland) und Gou Jingjing (China) haben das Wasserspringen mit ihrer besonderen Ausstrahlung bereichert. Während Ingrid Gulbin Krämer fraulich und souverän auftrat, wirkte Guo Jingjing auf der einen Seite zart wie chinesisches Porzellan, aber nicht zerbrechlich, und auf der anderen Seite athletisch und sicher. Guo Jingjing gilt noch heute als eleganteste chinesische Springerin.

Vermeintlich schwere Sprünge mit hohem Schwierigkeitsgrad, die mit vielen Drehungen gespickt sind, bewirken beim Betrachter mehr Staunen und große Bewunderung. Diese Bewunderung ergibt sich aus dem Respekt vor der sportlichen Leistung, der Höhe, in der diese ausgeführt wird, und der Faszination für nahezu spritzerloses Eintauchen. 
Alle Sprünge werden ob ihrer richtigen Sprungtechnik im Ansatz, in der Luft und in der Endphase vom Kampfgericht bewertet. In diese Bewertungen fließt auch der Gesamteindruck ein, der wiederum die Ästhetik beinhaltet. 
"Ästhetisch" bezeichnet in einem weiteren Sinn die Eigenschaften, die beeinflussen, wie etwas auf uns wirkt.

In der Sportwissenschaft gibt es den Begriff des "ästhetischen Balloneffekts". Dieser Effekt beschreibt den Eindruck, dass der Sprung noch im Steigen ist, obwohl sich der Körperschwerpunkt des Sportlers bereits in der Abwärtsbewegung befindet. Einfach ausgedrückt, der Sprung scheint wie ein "Ballon" aufzusteigen. Diesen Effekt kann man bei Sprüngen mit niedrigem und hohem Schwierigkeitsgrad gleichermaßen erkennen. Entscheidend dafür ist die Art und Weise der Ausführung des Sprunges. Sichtbar ist dieser Effekt für alle, Laien bestaunen ihn und Kampfrichter lassen ihn in ihre Wertung einfließen.

Ich gebe zu, dass auch ich mich als Kampfrichterin nicht der Faszination eines Sprunges von Roman Volodkov (Ukraine) entziehen konnte - des 5237d (eineinhalbfacher Salto rückwärts mit dreieinhalbfacher Schraube). Die Möglichkeit, den Gesamteindruck in die Wertung einbeziehen zu können, hat mich oft vor der Kritik der Observer gerettet.
Schön, dass es in Rostock viele Sportlerinnen und Sportler, Trainerinnen und Trainer, sowie Zuschauende gibt, die der Faszination Wasserspringen erlegen sind.
 

Monika Dietrich
 


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